„Wir müssen mit allen Kontakt halten“

Die neuen Vorwürfe gegen Pakistan passen in ein Muster. Seit langem muss sich vor allem der Geheimdienst des Landes des Vorwurfs erwehren, insgeheim mit Extremisten zu paktieren. Sicherheitsexperten argumentieren dagegen, Pakistan sei gezwungen, nach allen Seiten hin offen zu sein.

Von Jürgen Webermann, ARD-Hörfunkstudio Südasien

Die pakistanischen Sicherheitsbehörden stehen immer wieder im Zwielicht. Der Geheimdienst des Landes (ISI) scheint allgegenwärtig zu sein. Aber ist er auch vertrauenswürdig? Die Vorwürfe, wonach die Pakistaner chinesische Experten einen US-Hubschrauber untersuchen ließen, gab es bereits im Mai. Doch das ging damals nach dem Tod Osama Bin Ladens unter. Es dominierten ganz andere Fragen. Wusste der ISI gar nicht, dass Bin Laden mitten in einer Garnisonsstadt der pakistanischen Armee wohnte? Oder wusste er es doch und ließ Bin Laden gewähren?

Der pakistanische Ex-General Talad Masood meint, beide Versionen seien nicht zu entschuldigen. Aber jetzt gebe es eine „Pauschal-Verurteilung“ Pakistans auf der ganzen Welt: „Dieser Druck von allen Seiten ist extrem kontraproduktiv, drängt Pakistan in eine Ecke und macht es dem Land extrem schwer, dem Rest der Welt ein Partner zu sein.“

Das Gebäude in Abbottabad, in dem sich Bin Laden versteckt hatte
Angeblich fiel es niemandem auf: Hier versteckte sich Bin Laden in der Garnisionsstadt Abbottabad

Fest steht: Die Amerikaner hatten schon im Mai kein Vertrauen mehr in die pakistanischen Sicherheitskräfte. Sie informierten den ISI über ihre Operation gegen Bin Laden einfach nicht. Pakistan stand blamiert da.

Kontakt zu allen Seiten

Pakistanische Sicherheitskräfte kontrollieren in der Stadt Karatschi.
Kontakte zu Extremisten? Pakistanische Sicherheitskräfte kontrollieren in Karatschi.

Hinter all dem steht der Grundvorwurf, die Regierung in Islamabad tue nicht genug gegen die Extremisten von Al Kaida und gegen die Taliban. Vordergründig kämpfe sie zwar gegen den Terror, aber gleichzeitig halte sie engen Kontakt zu den Extremisten. Javed Alam war General beim pakistanischen Geheimdienst ISI. Dass Pakistan zwischen die Fronten geraten sei, gibt er zu: „Nach 2001 waren viele Taliban in Pakistan. Da mussten wir Kontakt mit denen haben. Der gesunde Menschenverstand sagt uns, dass wir Kontakt zu allen halten müssen.“

Vorher habe der ISI direkt mit den Taliban zusammen gearbeitet. Diese Kooperation gebe es aber lange nicht mehr. Im Gegenteil: Militär und ISI weisen darauf hin, wie hart sie gegen die Taliban im Nordwesten des Landes entlang der Grenze zu Afghanistan gekämpft hätten.

Und doch: Komplett aufhalten können sie die Extremisten nicht, wie der Sicherheitsexperte Mohammed Amir Rana meint: „Es gibt mehr als ein hundert militante Organisationen, die sich hier betätigen. Wir haben so viele unregierbare Orte in den Stammesgebieten, im Süden Punjabs. Und die Militanten bekommen ihre Unterstützung aus den Großstädten. Also verstecken die sich gerne hier in Pakistan.“

Vielfältige Geschäfte

Kadetten der pakistanischen Armee marschieren anlässlich des Unabhängigkeitstages des Landes
Stramm marschieren die Kadetten der pakistanischen Marine – aber wohin steuert die Armee?

Jetzt kommt zu dem Extremistenproblem auch noch der Vorwurf, China als Rivalen der USA zu bevorzugen. Überraschend ist das nicht: Während die Regierung in Washington einen Teil der üblichen Milliardenhilfen für Pakistan zurückhält, Drohnenangriffe in Pakistan immer wieder zivile Opfer fordern und Pakistan selbst US-Berater ausgewiesen hat, werden die Beziehungen des südasiatischen Landes zu China immer enger: Das Handelsvolumen erreicht mittlerweile beinahe zehn Milliarden Dollar. Und China gilt inzwischen als einer der wichtigsten Waffenlieferanten für Pakistan.

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