Schweinegrippe – ein großer Bluff?

Groß war die Sorge, als die WHO die Schweinegrippe zur Pandemie erklärte. Riesige Mengen Impfstoff wurden produziert. Doch bislang starben weit weniger Menschen als sonst in der Grippezeit. Der Europarat ging nun dem Verdacht nach, dass es ein enges Zusammenspiel zwischen WHO und Pharmaindustrie gab.

Von Martin Durm, ARD-Hörfunkstudio Straßburg

Luc Hessel, der Vertreter der europäischen Pharmaindustrie, sitzt vorne rechts auf dem Podium und direkt neben ihm Keiji Fukuda, der Verantwortliche der WHO. Beide sind hochrangige Fachleute, beide promoviert, konferenz- und kongresserfahren.

Aber hier, bei der Anhörung im Europarat, wirken sie mit einem mal wie zwei Männer auf der Anklagebank. Sie wurden gerade von Mitgliedern des Gesundheitsausschusses befragt. Wieso war es möglich, wegen eines offenkundig harmlosen Grippevirus die Weltbevölkerung in die größte Impfkampagne aller Zeiten zu schicken? „Wir machten nur, was man von uns verlangte“, sagte der Vertreter der europäischen Pharmakonzerne. „Es ist unmöglich vorauszusehen, wie sich eine Pandemie entwickelt“, sagte der WHO-Vertreter.

50 Millionen Impfstoffampullen – wozu?

Vor einigen Monaten klang das alles noch anders. Da hatten die Weltgesundheitsexperten vor Zehntausenden, Hunderttausenden potentiellen H1N1-Opfern gewarnt und im Juni 2009 die Pandemie ausgerufen. Journalisten und Politiker verfielen daraufhin einer globalen grippalen Hysterie, die in Deutschland dazu führte, dass die Bundesregierung angesichts einer verängstigten Öffentlichkeit 50 Millionen Impfstoffampullen bestellte.

Enges Zusammenspiel zwischen WHO und Pharmaindustrie

„Wir reagierten völlig transparent auf das, was die politischen Entscheidungsträger von uns verlangten“, wiederholt der Vertreter der europäischen Pharmakonzerne. Wobei auch er bei dieser Anhörung nicht abstreiten kann, dass die Pharmaindustrie vom Pandemie-Alarm der WHO profitierte. 

Das ist es denn auch, was den SPD-Gesundheitsexperten Wolfgang Wodarg dazu veranlasst, von einer gewissen Verflechtung zwischen WHO und Pharmakonzernen zu sprechen: „Die WHO hatte durch ihre Entscheidung, die Pandemie auszurufen, die Schlüsselrolle. Sie entschieden über Ausgaben im Gesundheitswesen in Höhe in weltweit von 18 Milliarden Dollar. Die Firmen hatten sich vorbereitet. Sie warteten praktisch nur auf dieses Geschäft, weil die WHO eine neue Definition der Pandemie vorgenommen hat.“

Die Schweinegrippe – ein „viraler Glücksfall“

Laut der neuen Definition kommt es nicht mehr so sehr darauf an, ob ein Virus tödlich sein kann, sondern ob er sich rasend verbreitet. Das ist in Deutschland offensichtlich der Fall. Mehr als 217.000 H1N1-Infektionen hat das Robert-Koch-Institut bislang registriert, aber nur 189 Menschen sind daran gestorben. Ein ganz normaler saisonbedingter Grippeverlauf kostet jährlich etwa 10.000 Menschen das Leben. Womöglich ist H1N1 ein „viraler Glücksfall“, wird inzwischen in seriösen Wissenschaftskreisen spekuliert, weil er die gefährlichere Saisongrippe verdrängt.

Eine gigantische Verschwendung an Ressourcen

Womöglich ist das eigentliche Problem der vergangenen Jahre ja gar kein Virus, sondern die Angstkampagnen, die es auslösen kann – Schweinegrippe, Vogelgrippe, SARS. Der Seuchenexperte Professor Ulrich Keil von der Universität Münster hat von all dem genug: „Keine Pandemie-Vorhersage ist eingetroffen. In Deutschland sterben aber jedes Jahr 360.000 Menschen an Herz-Kreislauferkrankungen, 210.000 sterben an Krebs, 500 an Aids. An Vogelgrippe oder SARS ist nicht einer gestorben. Was wie hier erleben ist eine gigantische Verschwendung an Ressourcen im internationalen Gesundheitswesen“, sagt der Mediziner. 

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