Johannes Paul II. bald selig?

Eigentlich steht schon jetzt fest: Johannes Paul II. wird wohl selig gesprochen werden. Dashat Kardinal Ruini noch einmal deutlich gemacht. Wie lange allerdings der Vatikan braucht, um die für die Seligsprechung notwendigen Wunder zu überprüfen, ist offen.

Von Jörg Seisselberg, ARD-Hörfunkstudio Rom

Bereits Stunden vor Beginn der Messe hatten Gläubige vor der Lateranbasilika ausgeharrt. Während der Zeremonie drängten sich Tausende in der Kirche, um gemeinsam mit vielen Kardinälen und Politikern dabeizusein beim Beginn der entscheidenden Phase für die Seligsprechung Johannes Pauls II. Feierlich wurden zehntausende Dokumente in große schwarze Metallkisten verstaut, mit roten Bändern umwickelt und versiegelt. Sie ent­halten die bislang von der Heimat­kirche in Krakau und der Diözese in Rom gesammelten Berichte über das Leben und Wirken des verstorbenen Papstes. Sie kommen nun in die Hände der zuständigen Kommission imVatikan.

Daran, dass am Ende des Verfahrens die Seligsprechung Johannes Pauls II. stehen wird, ließ Kardinal Camillo Ruini während der Feier in seiner Erinnerung an den charismatischen polnischen Papst keinen Zweifel: „Alle die ihn kennengelernt haben – aus der Nähe, aber auch aus der Distanz – sind beeindruckt gewesen vom Reichtum seiner Menschlichkeit. Noch bedeu­ten­der und erleuchtender ist die Tatsache, dass seine Fülle an Menschlichkeit einherging mit seiner besonderen Beziehung zu Gott. Mit anderen Worten: Mit seiner Heilig­keit.“

Bereits jetzt, hatte Ruini vor der Messe in einem Interview betont, werde Johannes Paul II. von vielen Gläubigen als Heiliger betrachtet. Trotzdem aber, heißt es in Rom, wolle Papst Benedikt XVI. darauf achten, dass das Verfahren zur Seligsprechung seines Vorgän­gers zwar schnell, aber formal korrekt abläuft. Kirchenobere aus Polen hatten gefordert, Johannes Paul II. solle bereits vor Abschluss des Prozesses ad hoc in den Stand eines Seligen erhoben werden.

Dies hält der Vatikankenner und Theologe Giovanni D’Ercole für ausge­schlossen: „Der Erste, der davon überzeugt ist, dass Johannes Paul II. ein Heiliger ist, ist Papst Bene­dikt selbst. Aber das Einhalten der Regeln, der Verzicht auf Abkürzungen ist ein Zeichen des Respekts für Johannes Paul II., aber auch für alle anderen.“

Wird das Wunder standhalten?

Einhalten der Regeln bedeutet, dass eine Kommission aus Geistlichen, Theo­logen und Wissenschaftlern nun auf Grundlage der gesammelten Dokumente das Leben Johannes Pauls II. überprüft. Eine ihrer wichtigsten Aufgaben wird sein, das angeblich von ihm vollbrachte Wunder auf Glaubwürdigkeit abzuklopfen. Eine französische Nonne, die heute bei der Feier in der Lateran­basilika dabei war, ist nach eigenen Angaben durch Gebete zum früheren Kirchenführer von der Parkinson-Krankheit geheilt worden. Ein vom Vatikan anerkanntes Wunder ist die wichtigste Voraus­setzung, damit ein Verstorbenen selig und später heilig gesprochen werden kann.

Offiziell sagt der Vatikan nicht, wie lange der Seligsprechungsprozess für Johannes Paul II. dauern wird. Italienische Zeitungen spekulieren, das Verfahren könnte möglicherweise in zwei Jahren abgeschlossen sein. Damit würde der verstorbene Papst einen neuen Rekord aufstellen: So schnell ist in der jüngeren Geschichte der katholischen Kirche noch niemand selig gesprochen worden.

Die Basis fordert: „Santo subito“

Mit einem schnellen Verfahren käme der Vatikan einer Forderung der Kirchenbasis entgegen. Bei der Beerdigungsfeier für Johannes Paul II. vor zwei Jahren hatten die Gläubigen auf dem Petersplatz in Sprechchören gerufen: „Santo subito“ – sofort heilig sprechen.

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