Zehn Tornados gestartet – sechs angekommen

Die Tornados der Bundeswehr sind in Afghanistan angekommen. Alle sechs Maschinen seien sicher in Masar-i-Scharif gelandet, sagte der Sprecher des Einsatzgeschwaders, Hartmut Beilmann, in Berlin. Losgeschickt hatte die Bundeswehr vergangenen Montag allerdings zehn. Manch einer geriet darüber ins Grübeln: Warum brauchen die Jets so lange? Wieso kommen nur sechs an? tagesschau.de fragte nach.

Von Anja Mößner, tagesschau.de

Rund 30 Jahre haben die Bundeswehr-Tornados auf dem Buckel. Einige schließen daraus, dass die Jets flügellahm sind und selbst einen Flug in Etappen nach Afghanistan nicht vollzählig überstehen.

„Ganz großer Blödsinn“, sagt ein Major a. D. der Luftwaffe, der acht Jahre selbst im Tornado-Cockpit saß, im Interview mit tagesschau.de. Auch in früheren Zeiten habe man die Maschinen auf diese Weise zu anderen Standorten verlegt.

Mitte der Achtziger Jahre beispielsweise war der Kampfpilot bei den ersten Übungen im kanadischen Goose Bay dabei. „Wir haben in Deutschland zehn Flugzeuge angelassen, acht sind in die Luft gegangen und bis Schottland geflogen. Nach der ersten Luftbetankung sind zwei dann wieder zurückgeflogen“, erklärt er.

Verlegung nach „Standardplan“

Also kamen von zehn Maschinen sechs an. So, wie das jetzt der Fall ist. „Nichts Besonderes“, meint der Major a. D.: „Ein Standardplan, auch in anderen Ländern und bei anderen Flugzeugtypen.“

Die Verlegung der Kampf-Jets und damit der Ausstattung eines ganzen Flugplatzes ist mit 35 Millionen Euro kostspielig. Plant die Bundeswehr zu großzügig? Der Bund der Steuerzahler, der Ausgaben der öffentlichen Hand stets kritisch beäugt, vermag es derzeit nicht zu beurteilen.

Aus Sicht der Militärs ist die Planung absolut richtig: Es müssten Reserve-Maschinen mit auf den Weg. Denn es sei ein unverhältnismäßiger Aufwand, ein einzelnes Flugzeug samt technischer Betreuung und Luftbetankung nachträglich nach Afghanistan zu schicken. „Es fällt immer mal ein Flugzeug aus. Das ist auch in der zivilen Luftfahrt so. Da merkt es nur meistens keiner“, erklärt der Tornado-Pilot, der später als Flugkapitän bei einer großen deutschen Fluglinie beschäftigt war. Das Alter der Tornados sei im Übrigen nicht so wichtig, da die Jets regelmäßig nachgerüstet werden. „Vom ursprünglichen Flugzeug sind meist nur die Zelle und die Triebwerke noch original.“

Zehn Jets in Sardinien, acht in den Emiraten

Am Montag starteten also zehn Jets – zunächst Richtung Sardinien. Auf dem dortigen Flugplatz fühlt sich die Luftwaffe wie zuhause: Hier trainiert sie seit Jahren den Luftkampf. Die technische Ausrüstung und die wichtigsten Ersatzteile sind daher vorhanden.

Am Dienstag flogen acht der Jets weiter in die Vereinigten Arabischen Emirate, deren Luftwaffe ebenfalls über Tornados und die entsprechende Infrastruktur verfügt. Dort mussten die Piloten einen Tag Pause einlegen, um auf ein US-Tankflugzeug zu warten. Noch ist die Bundeswehr auf diese Hilfe angewiesen. Der eigene Tanker, ein umgebauter Airbus A310, wird erst 2008 in Dienst gestellt.

Direkte Route nicht möglich

Fährt man mit dem Finger über den Globus, wirkt die Route umständlich. Allerdings führt der direkte Weg über Iran. Bei der nördlichen Route müssten die bis zu 2300 km/h schnellen Jets über Osteuropa Richtung Kaukasus fliegen.

Dort fehle es an der Infrastruktur, sprich an gut ausgestatteten Flugplätzen. Deshalb habe man sich dagegen entschieden, begründet ein Sprecher des Verteidigungsministeriums gegenüber tagesschau.de die Flugroute.

Einsatz ab Mitte April

Am Ostermontag werden die Tornados zur Unterstützung der ISAF-Truppen der Nato unterstellt. Die ersten Aufklärungsbilder liefern sie erst ab Mitte April.

Zeit für eine gewissenhafte Vorbereitung, wie Thomas Wassmann, Vorsitzender des Verbandes der Kampfjet-Besatzungen erklärt. Auf dem Flug nach Afghanistan sind die Tornados nicht vollständig ausgerüstet. Die Aufklärungstechnik muss vor Ort installiert und getestet werden. Die Piloten müssten zudem eingewiesen werden und Trainingsflüge absolvieren.

Über den Ausflug und ein paar zusätzliche Flugstunden freuen sich, so möchte man meinen, die Piloten, die wieder nach Deutschland zurückkehren. „Da können die Piloten keine Extra-Stunden rausleiern“, widerspricht Wassmann. Die Flugstunden der vier Heimkehrer gingen vom Stundenkonto des Geschwaders ab.

Piloten nehmen es gelassen

Mit der Häme über die angeblich alterschwachen Tornados könnten die Piloten im Übrigen ganz gut umgehen, sagt Wassmann: „Das komplexeste, was der Normalbürger kennt, ist eben sein Auto.“ Und außerdem hätte es schlimmer kommen können, glaubt er. Und zwar, wenn die Bundeswehr nur die benötigten Jets losgeschickt hätte und davon nicht alle das Ziel erreicht hätten: „Dann wäre erst was los.“

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