Sowjetisches Kriegerdenkmal wird verlegt

Nach zwei Krawallnächten wegen des Streits um ein sowjetisches Kriegerdenkmal hat die estnische Regierung den Wiederaufbau des Mahnmals auf einem Soldatenfriedhof in der Hauptstadt Tallinn angekündigt. Wie das Außenministerium in einer Erklärung mitteilte, könnte die Verlegung dann bis zum 8. Mai abgeschlossen sein.

Die Ankündigung soll offensichtlich in Estland kursierende Gerüchte entkräften, nach denen das am Freitag abgebaute Monument bereits zerlegt oder die Bronzefigur des Sowjetsoldaten eingeschmolzen worden sei.

Polizei verhindert Menschenansammlungen

Ministerpräsident Andrus Ansip rief die Bevölkerung zu Besonnenheit und Toleranz auf. Seine Regierung wies zugleich den Vorwurf zurück, die Polizei sei übertrieben hart gegen die überwiegend russischstämmigen Demonstranten vorgegangen. In Tallinn herrschte am späten Samstagabend angespannte Ruhe. Polizisten patrouillierten durch die Innenstadt und nahmen mögliche Randalierer fest. Sie forderten Passanten zum Weitergehen auf, bevor sich eine größere Menschenmenge sammeln konnte.

Bei schweren Ausschreitungen vornehmlich russischstämmiger Jugendlicher in den Nächten zum Freitag und zum Samstag war ein 19-Jähriger ums Leben gekommen. Etwa 200 Menschen wurden verletzt und etwa 1000 festgenommen. Außer in Tallinn gab es auch in den Städten Johvi und Kohtla-Jarve im Osten des Landes Ausschreitungen.

Merkel versucht Vermittlung

Am Samstag hatte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel in den Konflikt eingeschaltet. Sie telefonierte sowohl mit Ministerpräsident Ansip als auch mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Dabei appellierte sie nach Angaben von Regierungssprecher Ulrich Wilhelm an beide, jegliche Eskalation zu vermeiden.

In Russland ebbt der Ärger über das Vorgehen der estnischen Behörden nicht ab. Die Jugendorganisation der Regierungspartei „Geeintes Russland“ und andere Organisationen kündigten an, die estnische Botschaft in Moskau ebenfalls „demontieren“ zu wollen, sollte des Sowjetdenkmal nicht binnen drei Tagen an alter Stelle im Zentrum Tallinns wieder aufgebaut werden. Die Organisationen, die in der Vergangenheit hunderttausende Jugendliche bei ihren Aktionen aufmarschieren ließen, sammelten in Moskau Unterschriften für ihr Vorhaben. Einige Dutzend Anhänger der Jugendorganisationen demonstrieren seit Tagen unterunterbrochen vor Gebäuden der estnischen Botschaft. Zuvor hatte die russische Regierung Estland ernsthafte Schritte angedroht. Das russische Oberhaus bezeichnete die Regierung des Nachbarstaates als „provinzielle Neonazis“.

Nach russischer Ansicht stand die zwei Meter hohe Statue für den Sieg über den Faschismus, für die Esten war sie Symbol einer jahrzehntelangen Fremdherrschaft. Estland war 1940 auf Grund des Hitler-Stalin-Paktes der Sowjetunion zugeschlagen worden. 1991 wurde der baltische Staat unabhängig. Die Beziehungen zu Moskau sind seither gespannt. Russischstämmige Esten machen rund 25 Prozent der etwa 1,35 Millionen Einwohner des baltischen Staates aus.

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