Türkische F-16 bombardieren PKK-Hauptquartier

Kampfjets der türkischen Luftwaffe haben einen Großangriff auf kurdische Stellungen im Norden des Irak geflogen. Dort vermutet sie in den Kandil-Bergen das Hauptquartier der als Terrororganisation eingestuften Kurdenorganisation PKK.

Von Susanne Güsten, ARD-Hörfunkstudio Istanbul

Kurz nach Mitternacht am Luftwaffenstützpunkt Diyarbakir im Südosten der Türkei. Dutzende Kampfjets vom Typ F-16 steigen in rascher Folge auf und verschwinden in der Dunkelheit in südöstliche Richtung, über die Grenze nach Irak. Ihr Ziel sind die Kandil-Berge in Nordirak, etwa 100 Kilometer südlich der Türkei im irakischen Grenzgebiet in Iran. Dort hat die kurdische Rebellengruppe PKK ihr Hauptquartier – von dort aus, da ist sich die Türkei sicher, steuern die Rebellen ihre Angriffe auf türkischem Gebiet.

Dreieinhalb Stunden lang sind die Flugzeuge unterwegs. Die türkische Armee hatte in der Nacht Geheimdienstinformationen über die Bewegungen der obersten PKK-Kommandanten in Nordirak erhalten – Informationen über abgehörte Satellitentelefongespräche, die angeblich Rückschlüsse auf ihren Aufenthaltsort zulassen. Woher sie die Informationen erhalten haben, sagen die Türken zwar nicht im Klartext. In Ankara erinnert man aber daran, dass die USA erst kürzlich zugesagt haben, den türkischen Kampf gegen die PKK in Nordirak mit Geheimdienstinformationen in Echtzeit zu unterstützen.

PPK-Zentrale angeblich zerstört

Als die türkischen Jets vor Sonnenaufgang nach Diyarbakir zurückkehren, haben sie ihre Bombenfracht abgeworfen, über den Kandil-Bergen und anderen vermuteten PKK-Verstecken. Dem Erdboden gleich gemacht sei das PKK-Hauptquartier, verlautet aus Militärkreisen. Insbesondere der Kommunikationsapparat der Rebellen sei Ziel des Angriffs gewesen. Die Verbindung des PKK-Hauptquartiers zu ihren Anhängern und der Außenwelt sei nun abgeschnitten.

Tatsächlich ist zumindest bis zum Mittag nichts zu hören von der PKK, deren Medien und Nachrichtendienste selbst keine Informationen aus den Kandil-Bergen zu haben scheinen. Bestätigt werden die Angriffe von den örtlichen Behörden in Nordirak, die Verletzte und Sachschäden in mehreren Grenzdörfern melden. Auch einige Brücken, die zu den Kandil-Bergen führen, seien zerstört, teilen die Behörden dort mit. Aus den Kandil-Bergen und dem PKK-Hauptquartier selbst gibt es aber noch keine gesicherten Informationen über das Ausmaß der Zerstörung.

Rund 3000 PKK-Kämpfer im Kandil-Gebirge verschanzt

Der Angriff ist die zweite türkische Militäraktion gegen PKK-Ziele in Nordirak, seit der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan im November von US-Präsident George W. Bush grünes Licht für solche gezielten Schläge gegen die Rebellen auf nordirakischem Gebiet erhielt. Vor zwei Wochen hatten die türkischen Streitkräfte schon einen kleineren Angriff auf Rebellenstellungen jenseits der Grenze unternommen. Mit einer türkischen Bodeninvasion in Nordirak wird derzeit aber nicht gerechnet. Zwar hat die türkische Armee rund hunderttausend Mann an der Grenze aufmarschieren lassen, doch hofft Ankara, die Rebellen mit gezielten Schlägen wie dem Angriff von heute Nacht in Schach halten zu können.

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