Jobgarantie soll Pilotenstreik abwenden

Trotz letzter Einigungsbemühungen am Wochenende steht die Lufthansa vor dem vermutlich größten Arbeitskampf ihrer Geschichte. So versuchte das Unternehmen noch, mit Jobgarantien den drohenden Piloten-Streik abzuwenden. „Wir sind bereit, eine Arbeitsplatzgarantie bis Ende 2012 zu geben“, sagte Lufthansa-Personalvorstand Stefan Lauer der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. Diese könnte der Zeitung zufolge bis 2013 oder 2014 verlängert werden. Im Gegenzug erwarte das Unternehmen aber „mehr als die bislang angebotenen zwölf Monate Nullrunde“, so Lauer.

Rund acht Stunden vor Beginn der geplanten Pilotenstreiks bekräftigte die Lufthansa ihre Bereitschaft zu Verhandlungen. „Wir sind offen für Gespräche ohne Vorbedingungen“, erklärte Konzernsprecher Klaus Walther in einer Mitteilung. Voraussetzung müsse aber sein, dass unabhängig vom Forderungskatalog der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit gesprochen werden könne, ergänzte Sprecher Andreas Bartels.

Telefonat zwischen Lufthansa-Chef und Cockpit-Vorsitzendem

Am Samstag hatte Lufthansa-Chef Wolfgang Mayrhuber bereits mit dem Vorsitzenden der Pilotengewerkschaft Cockpit, Winfried Streicher, telefoniert. Das bestätigte Konzernsprecher Walther. Dabei hatte die Fluggesellschaft Dialogbereitschaft signalisiert, falls die Vereinigung Cockpit Forderungen fallen lasse, die „die unternehmerische Freiheit unzulässig beschränken“. Dies hatte der Sprecher der Vereinigung Cockpit, Jörg Handwerg, abgelehnt.

Die Gewerkschaft befürchtet, die Lufthansa könnte Strecken an billigere Töchter verlagern. In den vergangenen acht Jahren sei die Zahl der Lufthansa-Maschinen im Konzern von 300 auf 850 gestiegen, aber nur zwei Maschinen seien im Geltungsbereich des Konzerntarifvertrages hinzugekommen.

Ursprünglich wollten die Piloten zudem 6,4 Prozent mehr Gehalt – bei einem Stopp der Auslagerung ihrer Jobs sind die Piloten aber auch zu einer zwölfmonatigen Nullrunde bereit.

Ramsauer will den Streik noch verhindern

Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer rief die Tarifparteien zu Verhandlungen auf, um den Streik doch noch abzuwenden. „Ich werde heute alles daran setzen, die beiden Lager zusammenzubringen, um diesen Streik abzuwenden“, sagte Ramsauer in Berlin. Beide Seiten hätten ihm erklärt, dass ihnen nicht unbedingt an einem Streik gelegen sei. Sie bräuchten aber eine vernünftige Lösung.

Die deutsche Industrie befürchtet im Fall eines Streiks bei der Lufthansa einen enormen Schaden für die deutschen Exporte. Ein Streik sei in der derzeit „wirtschaftlich sensiblen Phase“ bitter, sagte der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, Hans-Peter Keitel, der „Bild am Sonntag“.

Deutlich mehr Bahn-Reisende erwartet

Unterdessen rüsten sich die Flughäfen in Deutschland für den Streik, der am Montag um 0.00 Uhr beginnen sollte. Flüge aus dem Ausland nach Deutschland wollen die Piloten zwar noch absolvieren, dann aber die Maschinen parken. Am Frankfurter Flughafen wurde ein detaillierter Abstellplan für die Maschinen erstellt.

Die Deutsche Bahn rechnet mit deutlich mehr Reisenden auf der Schiene. Einige ausländische Airlines wollen größere Flugzeuge einsetzen, um gestrandete Passagiere aufnehmen zu können. Die Lufthansa-Tochter Swiss will 15 bis 20 Prozent an zusätzlichen Kapazitäten für Flüge von und nach Deutschland zur Verfügung stellen.

Lufthansa schätzt die Kosten auf 100 Millionen Euro

Die Vereinigung Cockpit hat 4500 Piloten zum Streik aufgerufen, neben dem Passagiergeschäft der Lufthansa und Germanwings ist auch die Frachttochter Lufthansa Cargo betroffen. Die Lufthansa schätzt die direkten Kosten des Ausstands auf 100 Millionen Euro.

Nach dem Notfallplan des Unternehmens sollen rund zwei Drittel der bestreikten Flüge ausfallen, ein Drittel soll unter anderem mit Hilfe von Piloten aus dem Management angeboten werden. Insgesamt würden damit bei Lufthansa rund 3200 Flüge ausfallen. Beim Billigflieger Germanwings sollen trotz des Streiks rund zwei Drittel der Flüge stattfinden – es wurden unter anderem Maschinen und Besatzungen von anderen Gesellschaften angemietet. Nicht bestreikt werden die Lufthansa-Regionalpartner wie Cityline oder Eurowings, die auf weniger stark nachgefragten Routen unterwegs sind.

Lufthansa und Germanwings bieten betroffenen Passagieren kostenlose Stornierungen oder Umbuchungen an. Auf den innerdeutschen Strecken kann auf die Bahn ausgewichen werden. Zudem wollen die Airlines für die Betreuung der Fluggäste sorgen, die auf Flughäfen festsitzen. An normalen Tagen befördern Lufthansa und ihre Regionalpartner im Schnitt rund 150.000 Passagiere.

Notflugplan der Lufthansa: Hier können Sie sich informieren, welche Flüge nach der bisherigen Planung stattfinden sollen.

Passagiere können sich auch unter der kostenfreien Nummer 0800 / 8 50 60 70 informieren.

Notflugplan von Germanwings: Hier können Sie sehen, welche Flüge trotz Streik abheben werden.

Informationen der Deutschen Bahn zum Piloten-Streik: Hier können Sie nachlesen, was Flugreisende beachten sollten, die auf den Zug umsteigen möchten.

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