Polnisches AKW an deutscher Grenze?

Polen denkt über den Einstieg in die Energiegewinnung durch Kernkraftwerke nach. Bis 2020 soll das erste AKW entstehen – möglicherweise direkt an der deutschen Grenze. Noch ist über den endgültigen Standort nichts entschieden.

Von Thomas Rautenberg, ARD-Hörfunkstudio Warschau

In einem Strategiepapier der polnischen Regierung wird erstmals Klartext geschrieben: Polen brauche Energie und das Land werde daher auch auf die Atomkraft setzen, erklärt Elżbieta Wróblewska, Vizechefin des Departments für energetische Sicherheit im polnischen Wirtschaftsministerium: „Bis 2020 entsteht in Polen ein Kernkraftwerk. Das erste nach der erfolglosen Probe in den achtziger Jahren. Damals hat man den geplanten Bau nicht zu Ende gebracht wegen der Katastrophe in Tschernobyl, die einen Schock in den europäischen Ländern, auch in Polen verursachte.“

Das letzte Wort ist noch lange nicht gesprochen

Żarnowiec an der polnischen Ostseeküste oder Klempicz, knapp 200 Kilometer von der deutschen Grenze entfernt, galten bislang als die aussichtsreichsten Standorte für das erste polnische Atomkraftwerk. Nach Berichten einer polnischen Zeitung soll nun mit der Oderstadt Gryfino, rund 25 Kilometer von Deutschland entfernt, ein Alternativstandort hinzugekommen sein. Polens Wirtschaftsminister Piotr Wożniak versichert aber, noch sei nichts entschieden: „Derzeit gibt es nur sehr allgemeine Einstiegspläne. Es gibt kein Wort über mögliche Lokalisierungen. Und ich denke in der Atomfrage brauchen wir eine gute Verständigung auf europäischer Ebene in Brüssel.“

Platzeck: „Keine gute Idee“

Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck, derzeit zu Besuch in Warschau, räumte möglichen Atomplänen an der deutschen Grenze offenbar nur geringe Chancen ein: „Ich finde es keine gute Idee, ich sage das mal so ungeschützt, quasi noch dazu am 20. Jahrestag von Tschernobyl, die Idee zu verfolgen, dass für die Lösung unserer Energieprobleme die Atomkraft ein wirklich zukunftsfähiges Feld wäre. Deshalb bleibe ich ganz klar bei meiner Überzeugung – Atomkraft ist kein Beitrag dazu, unsere Energieprobleme verantwortbar auch für unsere Kinder zu lösen.“

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