Viele enttäuschte Hoffnungen

Von Bernd Musch-Borowska, ARD-Hörfunkstudio Singapur

US-Präsident George W. Bush war mit leeren Händen nach Hanoi gekommen und mit leeren Händen reiste er wieder ab. Das als Gastgeschenk für Vietnam vorgesehene Abkommen zur dauerhaften Normalisierung der US-vietnamesischen Handelsbeziehungen war kurz vor Bushs Asienreise im US-Kongress gescheitert. Die Regierung in Washington hatte das Gesetzesvorhaben zur Eilsache gemacht, um Bush, der als zweiter US-Präsident nach Clinton Vietnam besuchte, das Mitbringsel zu sichern. Aber sie brachte die dafür erforderliche Mehrheit im Kongress nicht zustande. Zwar soll das Abkommen bis Ende des Jahres doch noch ratifiziert werden, aber ein Gesichtsverlust war das für Bush allemal, und in Asien zählt das mehr als ein westlicher Politiker annehmen mag.

Keine harte Verurteilung von Nordkorea

Und genauso blamabel war das Ergebnis des Apec-Gipfels für Bush. Die gemeinsame Erklärung der Staats- und Regierungschefs der asiatisch-pazifischen Handels-Kooperation Apec zum nordkoreanischen Atomprogramm fiel äußerst dürftig aus. Statt einer scharfen Verurteilung Nordkoreas und gemeinsamer Schritte, um die Führung in Pjöngjang zur Rückkehr an den Verhandlungstisch zu bewegen, die zur Aufgabe des Atomprogramms führen soll, gab es nur eine lasche Erklärung: dass man die Notwendigkeit sehe, angemessene Maßnahmen gegen die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen zu ergreifen.

Zwar soll hinter verschlossenen Türen eine schärfere Verurteilung der nordkoreanischen Atomtests formuliert worden sein. Doch welchen Wert hat eine Erklärung, die sich die politischen Führer der Apec-Staaten unter Ausschluss der Öffentlichkeit selbst vorlesen?

Erneut ein schwerer Schlag für Bush

Trotz intensiver Bemühungen in bilateralen Gesprächen mit den asiatischen Staatschefs ist es dem US-Präsidenten nicht gelungen, eine gemeinsame schärfere Position der Apec-Staaten aufzubauen, um den Druck auf Nordkorea zu verstärken. Er traf sich mit dem chinesischen Präsidenten Hu Jintao und auch mit Russlands Präsident Wladimir Putin, doch er hat es nicht geschafft, sie im Fall Nordkoreas auf seine Seite zu bekommen. Ein schwerer Schlag für Bush. Nach seiner Niederlage bei den Midterm-Wahlen zum amerikanischen Kongress und dem Desaster im Irak, das nicht zufällig immer wieder mit Vietnam verglichen wird, ist Bush aus Hanoi abgereist, ohne wirklich etwas erreicht zu haben.

Dominanz von Sicherheitsfragen wird kritisch gesehen

Das mag auch daran gelegen haben, dass innerhalb des Apec-Bündnisses die Unzufriedenheit darüber wächst, dass seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 die sicherheitspolitischen Fragen die Diskussion dominieren. Obwohl die Apec doch eigentlich ein Wirtschaftsbündnis darstellt, das Handel und Wachstum in der Region fördern und den Wohlstand der Bürger seiner Mitgliedsländer sichern will.

Nur Absichtserklärungen zur Liberalisierung

Aber auch für die wirtschaftlichen Ziele der Apec-Staaten ist bei dem Gipfeltreffen in Hanoi nicht viel Wesentliches herausgekommen. Man wolle die Gespräche über eine Liberalisierung des Welthandels, die im Juli gescheitert waren, wieder in Gang bringen – doch was heißt das schon? Man sei zu weiteren Zugeständnissen bereit, aber die anderen, das heißt die Europäer, müssten auch entgegen kommen. Das ist nicht mehr als eine Absichtserklärung und bei weitem nicht der vor dem Gipfel angekündigte Durchbruch für die Wiederbelebung der so genannten Doha-Runde.

Keine konkreten Beschlüsse

Auch in der Frage der Wirtschaftsbeziehungen untereinander blieben die Absichtserklärungen der Apec-Staats- und Regierungschefs unverbindlich. Man wolle den Handel untereinander stärker fördern und arbeite weiter an dem Ziel einer asiatisch-pazifischen Freihandelszone. Aber wie dies erreicht werden soll und welche Schritte dafür unternommen werden, diese Frage ließen die Gipfelteilnehmer offen. Dabei ist ohnehin keine der in der gemeinsamen Abschlusserklärung formulierten Vereinbarungen für die Mitglieder des Bündnisses bindend.

Nur Russland kann Erfolge vermelden

Für den russischen Präsidenten Putin hingegen war die Reise nach Hanoi ein Erfolg. Russland und die USA unterzeichneten ein Abkommen, das den Beitritt Russlands zur Welthandelsorganisation WTO ebnen soll. Ein Schritt, auf den Russland mehr als zehn Jahre lang gewartet hat.

Auch Vietnam, das Gastgeberland des Apec-Gipfels, kann zufrieden sein. Es wurde als das 150. Mitglied der WTO begrüßt, es gilt als eines der Länder mit dem größten Wirtschaftswachstum in Asien und wird als Handelspartner umworben, wie kaum ein anderes. Und es hat erfolgreich einen Apec-Gipfel mit 10.000 Teilnehmern, Geschäftsleuten und Journalisten organisiert damit gezeigt, dass es in der Lage ist, den Spagat zwischen einem kommunistischen System und einer zunehmend kapitalistischen Wirtschaftsordnung zu meistern.

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