Kartell der Uneinigkeit

Der hohe Ölpreis macht nicht alle Opec-Staaten glücklich. Der Gipfel in Saudi-Arabien brachte traditionelle Meinungsverschiedenheiten erneut ans Licht. Iran fordert einen noch höheren Preis und Venezuela wendet den Ölpreis gegen die USA. Allein Saudi-Arabien rief die Opec-Staaten zur Mäßigung.

Von Esther Saoub, ARD-Hörfunkstudio Kairo

Unter dem Motto “Öl Verkaufen, Reichtum verbreiten und Umwelt schützen“ wollte Saudi-Arabien diesen Gipfel zu einer Demonstration des sozialen und umweltpolitischen Engagements der Opec machen. Doch die Mitglieder, allen voran die beiden stärksten Gegenspieler der Saudis, Venezuela und der Iran, machten dem Gastgeber einen Strich durch die Rechnung.

Aus für saudische Umwelt-Initiative

Doch die saudische Umweltschutzinitiative fand keine Mitstreiter. Sie sah einen Fonds vor, in dem Ölproduzenten wie Verbraucher gemeinsam Technologien fördern, die den weltweiten Ausstoß von CO2-Gasen reduzieren. Die Saudis hatten eine Summe von 300 Millionen Dollar für den Fonds in Aussicht gestellt und im Vorfeld des Gipfels massiv dafür geworben. Doch in der Abschlusserklärung steht nur noch die allgemeine Feststellung: „Die Opec teile die Klima-Sorgen der internationalen Gemeinschaft und betrachte die Erderwärmung als eine langfristige Herausforderung.“ Und den derzeitigen Ölpreis bezeichnet die Abschlusserklärung als gerecht, der Markt sei ausreichend versorgt. Über eine mögliche Erhöhung der Fördermenge werden die Ölminister der Opec Anfang Dezember in Abu Dhabi beraten.

Immerhin: In den Atomstreit mit Iran könnte Bewegung kommen. Nach Angabe der Nachrichtenagentur Dow Jones hat der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad einen Vorschlag des Golfkooperationsrates positiv aufgenommen. Er sieht vor, dass ein unabhängiges Konsortium in einem neutralen Land Uran anreichert, und dieses dann an Atomkraftwerke in Iran oder anderswo in der Region liefert.

Abkehr vom Dollarkurs?

Deutlicher konkreter als die Abschlusserklärung waren die Äußerungen der Gegenspieler Saudi-Arabiens. Zunächst machten die Iraner den Vorschlag, in die Abschlusserklärung einen Passus zum fallenden Dollarkurs auf zu nehmen. Wenn man die Inflation des Dollar mit einbeziehe, sei das Fass Rohöl nach wie vor zu billig, so die iranische Rechnung. Ecuadors Präsident Rafael Correa, der auf dem Gipfel in Riad nach 15 Jahren Pause wieder in die Opec aufgenommen wurde, fügte hinzu: „Wir müssen unser Öl in einer starken Währung verkaufen.“

Auch andere Mitgliedstaaten hatten im Vorfeld laut darüber nachgedacht, ihre Devisenreserven angesichts des schwachen Dollars in Euro umzuschichten. Der saudische König Abdallah, einer der wichtigsten Verbündeten der USA im Nahen Osten, verhinderte jedoch jeden Hinweis auf den schwachen Dollar. Sein Argument: Der Dollarkurs ist ein Thema, mit dem jedes einzelne Mitgliedsland individuell umzugehen habe, die Opec sei schließlich keine politische Organisation.

Scharfe Töne in Richtung Washington

Mit demselben Einwand wendete sich Abdallah auch gegen den venezolanischen Präsidenten Hugo Chavez, der in seiner Eröffnungsrede scharfe Worte gegen die Amerikaner richtete: „Wenn die USA so verrückt sein sollten, Iran anzugreifen oder eine Aggression gegen Venezuela zu begehen, dann bleibt der Ölpreis nicht bei 100 Dollar, sondern steigt auf bis zu 200“, drohte Chavez. Er spielt damit auf die erste Ölkrise von 1973 an, als die Opec-Staaten die Förderung drastisch reduzierten, um so gegen die israel-freundliche Haltung der westlichen Importländer im Yom-Kippur-Krieg zu protestieren. Der Preis stieg damals um 70 Prozent, Deutschland reagierte mit Sonntagsfahrverboten und Tempolimits auf den Autobahnen.

„Die Basis jeder Aggression ist Öl – im Grunde geht es immer darum“, sagte Chavez. Er wies darauf hin, dass die Opec eine stärkere Position habe denn je, und diese auch geopolitisch einsetzen solle. Der saudische König widersprach dem venezolanischen Präsidenten scharf: Die Opec habe immer moderat und weise agiert, sagte König Abdallah – und sie werde dies auch in Zukunft tun. Zum Eklat, wie bei früheren Zusammenkünften des heterogenen Kartells ist es nicht gekommen, die Abschlusserklärung blieb jedoch auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner.

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