Zwei Tage nach den Bombenanschlägen in Dahab haben sich zwei Selbstmordattentäter auf dem ägyptischen Sinai in die Luft gesprengt. Bis auf die beiden Täter kam dabei niemand ums Leben. Die neuen Anschläge zeigen aber: Auf dem Sinai gibt es ein Sicherheitsproblem.
Von Reinhard Baumgarten, ARD-Hörfunkstudio Kairo
Erneut Schauplatz Sinai, erneut Selbstmordattentäter. Unweit der ägyptischen Grenze zum Gaza-Streifen versuchte ein Selbstmordattentäter, ein Fahrzeug der Beobachtergruppe in die Luft zu jagen. Er kam dabei ums Leben. Nahe der Küstenstadt el-Arisch versuchte ein zweiter Selbstmordattentäter ein ägyptisches Polizeifahrzeug zu sprengen. Auch er starb, ohne sein mörderisches Unterfangen umsetzen zu können.
Sicherheitsproblem auf dem Sinai
Ob es einen Zusammenhang mit den Terrorattacken in Dahab gibt, ist gegenwärtig noch unklar. Klar ist hingegen: Die ägyptischen Sicherheitskräfte haben ein schwerwiegendes Problem auf dem Sinai. Ein Mitarbeiter der Provinzverwaltung Nördliches Sinai fragt, wie die Sicherheitskräfte verborgene Zellen entdecken sollen, wenn auf dem Sinai keine Flugzeuge erlaubt seien. „Wie sollen sie diesen Leute effektiv folgen? Sicherheitskräfte sollten wenigstens Hubschrauber haben“, fordert er.
Der Friedensvertrag zwischen Ägypten und Israel sieht die Entmilitarisierung der Sinai-Halbinsel vor. Kein Militär, nur Polizei. Kein schweres Gerät, nur leichte Waffen. Die Einhaltung des Vertrages soll seit 1982 die Multinationale Beobachtergruppe überwachen. Warum ausgerechnet sie wiederholt ins Fadenkreuz von Terroristen gerät, ist rätselhaft.
Die Terroristen wollen den Nationalstolz treffen
Fest steht indessen, dass die Terroranschläge von Dahab genau 20 Jahre nach der vollständigen Rückgabe des Sinai von Israel an Ägypten durchgeführt wurden. Für Amr al-Choubaki vom al-Ahram Zentrum für Politische Studien kein Zufall. „Das beweist, dass sie den Staat und den Nationalstolz treffen wollen. Sie wollen, dass wir uns hilflos fühlen, wenn wir während unsrer nationalen Feiertage angegriffen werden.“ Es habe im Vorfeld Warnungen gegeben, sagt al-Choubaki, doch: „Wir haben ein großes Sicherheitsschlupfloch.“
Das wollen die Verantwortlichen in Kairo allerdings nicht wahrhaben. Sie haben Tausende von Sicherheitskräften aufgeboten, um der terroristischen Herausforderung auf dem Sinai Herr zu werden. In den vergangenen 18 Monaten haben sie den Beduinen auf dem Sinai mächtig zugesetzt. Tausende wurden nach den Anschlägen von Taba und Scharm al-Scheich inhaftiert. Für Amr al-Shoubaki ist daher auch einer der Hauptgründe für den anhaltenden Terrorismus das Gefühl von Schmerz, Frustration, Ärger und Protest.
Noch keine heiße Spur auf Attentäter von Dahab
Nach den Anschlägen von Dahab mit 24 Toten haben die Sicherheitskräfte bislang den großen Hammer noch nicht ausgepackt. Knapp drei Dutzend Personen wurden festgenommen, etwa 80 Beduinen wurden befragt. Eine heiße Spur zu den Tätern gibt es noch nicht. Sie könnte in den neuen Anschlagsversuchen zu finden sein.