Kampfeinsatz: Die Bundeswehr in Afghanistan

Voraussichtlich im Sommer wird die Bundeswehr eine 200 Mann starke Kampfeinheit nach Afghanistan entsenden. Sie soll norwegische Soldaten ersetzen. Es handelt sich dabei um eine schnelle Eingreiftruppe. Sie wird in eine Land geschickt, in dem Krieg herrscht. Die deutschen Soldaten werden also um Kampfeinsätze nicht herumkommen. Diese Wahrheit wollen die verantwortlichen Politiker aber nicht offen aussprechen. Lange werden sie diese Haltung nicht mehr durchhalten können, zumal sich die Sicherheitslage in Afghanistan im vergangenen Jahr zunehmend verschlechtert hat.

Von Christian Thiels

Hinterhalt am Hindukusch – ein deutscher Konvoi wird beschossen. Einsatz für die Schnelle Eingreiftruppe der Isaf. Am Gefechtsübungszentrum des Heeres in der Letzlinger Heide nördlich von Magdeburg werden Bundeswehr-Soldaten auf ihren Einsatz in Afghanistan vorbereitet – fast echte Taliban-Kämpfer inklusive. Ab dem Sommer werden die Deutschen höchstwahrscheinlich mit einer Kampftruppe im Norden des Landes im Einsatz sein und dort auch gegen Aufständische vorgehen müssen.

Michael Berndsen, Oberstleutnant: „Wenn die Bundeswehr diese Aufgabe übernehmen sollte, dann werden die beteiligten Soldaten für diese Aufgabe intensiv ausgebildet und vorbereitet. Wie alle Soldaten der Isaf müssen natürlich auch die Soldaten dieser schnellen Eingreiftruppe kämpfen können.“

Doch was die Soldaten hier üben, wird von der Politik nur ungern erwähnt. Nämlich, dass zum Einsatz in Afghanistan nicht nur Brunnen bohren und Brücken bauen gehört, sondern, dass im Ernstfall auch gekämpft, geschossen und gestorben wird. Den Soldaten ist das sehr bewusst, der Öffentlichkeit kaum.

Klaus Reinhardt, General a.D.: „Es ist viel schöner der Bundesbevölkerung zu verkaufen, dass wir nette Soldaten haben, die im Einsatz helfen. Das sollen sie auch, aber das ist nicht die Hauptaufgabe. Aber man schiebt das viel stärker in den Vordergrund und sagt, wie nett diese Soldaten sind und vermeidet damit im Grunde genommen, die Bevölkerung auf das vorzubereiten, was gegebenenfalls kommen kann, wenn wir größere Verlustzahlen haben könnten.“

Das Image der Bundeswehr-Soldaten liegt derzeit irgendwo zwischen Samariter in Uniform und Technischem Hilfswerk, das Waffen eigentlich nur aus folkloristischen Gründen trägt. Gerne zeigt die Armeeführung, wie die Truppe freundlich mit der Bevölkerung umgeht. Der nette Handschlag mit dem Bürgermeister – auch er gehört im Gefechtsübungszentrum zum Programm. Dass Soldaten eigentlich keine Entwicklungshelfer sind, will die Politik dagegen nicht laut sagen. Schon das Wort „Kampfeinsatz“ wird tunlichst vermieden.

Hans-Peter Bartels, SPD: „Kampf mag in Deutschland ein Tabu-Wort sein, weil es so nah an dem Wort Krieg liegt und die Bundeswehr, die Nato führt keinen Krieg in Afghanistan, aber sie ist bereit, da den Kampf aufzunehmen mit Kräften, die die Sicherheit Afghanistans gefährden.“

Wenn Bundeswehrsoldaten diesen Kampf, also nicht nur übungshalber in der Letzlinger Heide, sondern in ein paar Monaten höchst real in Afghanistan aufnehmen müssen, dann ist das vom Bundestagsmandat gedeckt. Diese Tatsache ist auch vielen Parlamentariern wenig bewusst.
25 Deutsche Soldaten sind in Afghanistan bislang getötet worden. Diese Zahl könnte bald steigen.

Karl A. Lamers, CDU: „Ich glaube, man muss auch den Menschen hier in unserem Land deutlich machen, dass es zu Kampfhandlungen kommen kann, wenn wir angegriffen werden darum geht es und das wir solche Angriffe zurückwerfen müssen.“

Dass die Soldaten darauf vorbereitet sind, zeigen sie am Hindukusch, auch wenn der heute in der Letzlinger Heide liegt.

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