Mein Markt gehört mir!

Eigentlich gilt er als ein Mann, der Frauen durchaus etwas abschlagen konnte – zum Beispiel ihre Köpfe: Immerhin wurden zwei seiner Ehefrauen auf seine Anweisung hin geköpft, von zwei weiteren wurde er geschieden, wofür er erst eine eigene Kirche gründen musste. Jetzt beruft sich ausgerechnet eine Frauenrechtsvereinigung auf den Willen von Heinrich VIII.: Die Ortsgruppe des „Women’s Institute“ in Colyton stützt sich auf ein Dekret des britischen Königs, um ihren beliebten Bauernmarkt zu retten.

Für immer und ewig

Der Magistrat des Städtchens will nämlich das vierteljährliche Ereignis plötzlich mit sofortiger Wirkung untersagen: Eine Verordnung aus dem Jahr 1984 verbiete es eigentlich, eine Straße für einen Markt zu sperren, fand man plötzlich heraus. Das wollten sich die Damen von „Women’s Institute“ nicht gefallen lassen. Sie berufen sich auf ein Dokument, das sie für sehr viel gewichtiger halten: Heinrich VIII. habe während seiner Regentschaft im 16. Jahrhundert den Einwohnern von Colyton persönlich das Recht gewährt, an drei Tagen der Woche einen Markt abzuhalten – und das „bis in alle Ewigkeit“.

Quasi als kleine Entschuldigung

Das Privileg wurde in die Urkunde eingetragen, die Colyton 1546 das Stadtrecht gewährt. Davon kann sich sogar jeder überzeugen: Das Dokument hängt gerahmt im Rathaus des Ortes. Einst kam es den damaligen Einwohnern übrigens teuer zu stehen: Sie mussten ihre Stadt erst von Heinrich VIII. teuer zurückkaufen, nachdem dieser den damaligen Eigentümer köpfen ließ und kurzerhand sein gesamtes Eigentum beschlagnahmte.

Da ist die Entscheidung doch einfach, oder?

Jetzt muss die zuständige Kreisverwaltung von Devon entscheiden, welches Schriftstück wichtiger ist: Das Dekret eines der prominentesten Potentaten aus dem 16. Jahrhundert oder die profane Verwaltungsrichtlinie aus den 80er Jahren. Bis dahin muss das „Women’s Institute“ mit einem etwas abgelegenen Kirchhof vorlieb nehmen, um seine Markttage zu veranstalten. Sollten sie mit ihrer Argumentation durchkommen, dann hat der Chauvi-König nach fast 500 Jahren doch noch etwas für die Frauenbewegung getan.

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