Putin soll Quadriga-Preis bekommen – trotz aller Kritik

Trotz aller Kritik soll Russlands Ministerpräsident Wladimir Putin mit dem Quadriga-Preis geehrt werden. Dies teilten die Initiatoren des Preises mit. Der Preis wird seit 2003 jährlich am Tag der Deutschen Einheit verliehen – inzwischen von der gemeinnützigen „Netzwerk Quadriga gGmbH“. Die Nominierung für Putin war am Wochenende bekannt geworden.

Human Rights Watch: Putin vertritt Werte des Vereins nicht

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) kritisierte: „Unter Wladimir Putin gab es in Russland deutliche Rückschritte bei den Menschenrechten.“ HRW-Direktor Wenzel Michalski sagte: „Ich finde es erstaunlich, dass jemand geehrt werden soll, der die von dem Verein laut betonten Werte ganz offensichtlich nicht vertritt.“

Grünen-Chef: Putin nicht in einer Reihe mit Gorbatschow oder Havel

Cem Özdemir
Stimmte gegen die Auszeichnung Putins: Cem Özdemir

Grünen-Chef Cem Özdemir, der im Kuratorium des „Netzwerks Quadriga“ saß und dort gegen die Nominierung Putins gestimmt hatte, verließ das Gremium. Özdemir begründetet seinen Rückzug mit einer „unterschiedlichen Einschätzung über die Verdienste von Wladimir Putin für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit“. Er sehe Putin aber nicht in einer Reihe mit Preisträgern wie Michail Gorbatschow, der Bürgerrechtlerin Bärbel Bohley und dem ehemaligen tschechischen Präsidenten Václav Havel.

CDU-Expertin: Putin erfüllt keine der Voraussetzungen

Auch aus den Reihen der Regierungsparteien kommt Kritik: Sowohl der Menschenrechtsbeauftragte der Regierung, Markus Löning, als auch die Menschenrechtsbeauftragte der Unionsfraktion, Erika Steinbach, sprachen sich gegen die Ehrung aus. Steinbach sagte, geehrt würden mit dem Preis Vorbilder für Aufklärung, Engagement und Gemeinwohl. Putin erfülle „bei aller Bedeutung keine dieser Voraussetzungen“. Unaufgeklärte Morde an Journalisten, das Verbot von Nichtregierungsorganisationen, die Behinderung oppositioneller Parteien sowie politisch gesteuerte Prozesse verdeutlichten, „dass Wladimir Putin ein für den Quadriga-Preis nicht geeigneter Preisträger ist“, so Steinbach.

Der Menschenrechtsbeauftrage Löning nannte es zynisch, Putin in eine Reihe mit Gorbatschow und Havel zu stellen. Das entwerte einen Preis, der für Freiheit und demokratischen Aufbruch stehe. „Putin hat während seiner Amtszeiten als Staats- und Ministerpräsident die Demokratie zurückgebaut, Freiheiten eingeschränkt, den Rechtsstaat ausgehöhlt und Russland der Korruption preisgegeben“, so der FDP-Politiker.

Auch bei einem der Sponsoren des Quadriga-Preises stieß die Entscheidung auf Unverständnis. Er sehe die Preisvergabe „kritisch“, sagte der Vorsitzende der Geschäftsführung des Dualen Systems Deutschland, Stefan Schreiter, dem Berliner „Tagesspiegel“.

„Netzwerk Quadriga“: Auszeichnung für Verlasslichkeit und Stabilität

Wladimir Putin
Soll laut Intitiatoren für „Verdienste um Stabilität“ ausgezeichnet werden: Wladimir Putin

Der Verein „Netzwerk Quadriga“ verteidigte die Nominierung nach einer Krisensitzung, ging aber nicht direkt auf die Kritik ein: Putin werde „für seine Verdienste für die Verlässlichkeit und Stabilität der deutsch-russischen Beziehungen ausgezeichnet“. Die Weiterentwicklung der Beziehungen nach der deutschen und der europäischen Vereinigung gehöre „zu den großen Leistungen Wladimir Putins“. Zur Kritik an Putins Menschenrechtspolitik äußerte sich der Verein nicht dirket. In der Stellungnahme heißt es lediglich, die Akzeptanz und das Aushalten von Differenzen gehörten zum Wesen und zum Mechanismus der Politik, insbesondere in einem „zwischenstaatlichen Kontext“.

Das Kuratorium der Vereinigung verwahrte sich auch dagegen, dass nicht alle Mitglieder hinter der Entscheidung stünden. Als Ausnahme wurde nur Özdemir genannt, der der Nominierung Putins widersprochen habe. Allerdings lege Kuratoriums-Mitglied Magarita Mathiopoulos Wert auf die Feststellung, dass sie sich bei der Entscheidung enthalten hätte, wenn sie anwesend gewesen wäre.

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